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Die Technik

Historie der Mühle

 

Unsere Mühle und ihre technische Einrichtung. Ludwig Tiedt lieferte mit seinem Bau eine Mühle ab, die in ihrer Qualität und Größe bei vielen Müllern der Region für Neid sorgte. Anfang 1884 wurde das Werk vollendet. Die neue Mühle enthielt 4 Gänge, dazu Getreidereinigungs- und mehrere Sichtmaschinen nach damals neuester Konstruktion. 4 automatisch arbeitende Jalousieflügel von 21 Meter Länge und einer Leistung von 80 - 100 PS am Flügelkreuz bei  mittlerem Wind trieben die Mühle an. Da die Futterschrotherstellung in damaliger Zeit einen hohen Stellenwert einnahm und der Wind nicht immer wehte, baute man im Jahre 1890 einen zusätzlichen Schrotgang mit Antrieb durch einen  Petroleummotor ein. Ein nahezu komplett eisernes Räderwerk und ein ausgeklügeltes System von Transmissionen machten die Mühle damals zu einer der am besten ausgestatteten Windmühlen der Region. Trotz des schon seit der 1920er Jahren spürbaren Mühlensterbens konnte sich der Betrieb bis nach dem 2. Weltkrieg gut halten. Erst der Bruch eines Flügels im Jahre 1951 brachte die Stilllegung, was wie in den meisten Fällen bei Windmühlen einen jahrelangen Zerfall bedeutete. Nach mehreren Besitzerwechseln wurde schließlich Anfang der 1980er Jahre die Kappe mit Flügelresten  und Windrose von der Mühle genommen und an die Mühle in Hameln- Tündern verkauft, von einem Abbruch des verbliebenen Mühlentorsos war danach sogar die Rede. Trotz aller Widrigkeiten enthielt die Ruine immer noch ihr komplettes Innenleben, nahezu so unangetastet, als wäre der Müller gerade fortgegangen.

 

Der Baumeister Ludwig Tiedt

 

Erbaut wurde die heutige Bennigser Mühle von einem berühmten Mann, Ludwig Tiedt aus Peine, Leiter eines Mühlenbaubetriebes mit zeitweise ca. 40 Angestellten, angegliederter Holzhandlung und Sägewerk. Ludwig Tiedt stammt aus einem kleinen Ort Alt- Sammit nahe der mecklenburgischen Stadt Goldberg und verbrachte seine Ausbildungszeit von 1842- 1845 bei einem Zimmerermeister Koß in Grubenhagen bei Teterow, wo er auch einen Einblick in den Bau von Windmühlen bekam. Nach mehrjähriger Wanderzeit kam er 1849 nach Peine und sucht bei Zimmerei  Klinge um Arbeit. Dieser hatte gerade den Auftrag zum Neubau der am alten Peiner Stadtteil stehenden, 1849 abgebrannten Magistratswindmühle bekommen und übertrug dir Planung seinem neuen Gesellen Ludwig Tiedt. Dieser ließ daraufhin eine gewaltige 7-stöckige Holländermühle mit neuster Einrichtung entstehen, die als damals größte Windmühle im Königreich Hannover unter den Müllern für Aufmerksamkeit sorgte und Tiedt zu Bekanntheit verhalf. Im Jahre 1858 konnte Tiedt so seine Meisterprüfung zum Mühlenbaumeister  ablegen und führte fortan einen eigenen Betrieb. Im laufe der Zeit entwickelte sich seine Firma zu einem der größten Mühlenbaubetriebe damaliger Zeit. Die Zusammenarbeit mit großen Maschinenfabriken wie den " Hannoverschen Eisengießereien " ( den späteren Wülfeler Eisenwerken ) und der Einsatz moderner Fabrikationsweisen im eigenen Betrieb machte es ihm möglich Windmühlen in Serie nach einem Grundmuster zu fertigen. Älteren Müllern  aus dem Hannoverschen ist der Name Tiedt noch ein guter Begriff. Holländermühlen nach  neuestem System hat diese Firma regelrecht 'von der Stange' geliefert, daneben auch große Verdienste in der Modernisierung alter Bockmühlen und Wassermühlen zu verzeichnen. Allen Nachweisen nach hat Tiedt um die 50 neue Holländermühlen in der Region Hannover, Hildesheim und Braunschweig erbaut, etwa die gleiche Menge Bock- und Wassermühlen modernisiert. Seit 1887 wurde die Firma von dem Sohn Wilhelm Tiedt geführt und existierte noch bis 1958.Das damals beginnende große Mühlensterben hatte die Firma zuletzt zur reinen Holzhandlung gemacht.

 

 Zur Entwicklung der Holländermühlen

 

Schon im Mittelalter kannte man Windmühlen, die aus einem massiven Turmbau und einer darauf drehbaren Kappe bestanden, um die Flügel stets in die richtige Windrichtung stellen zu können. Es war zu dieser Zeit sogar Mode, die Wehrtürme alter Burgen oder Stadtbefestigungen zu Windmühlen umzubauen. Aufgrund ihrer Form bezeichnet man diese Art Mühlen als Turmwindmühlen. Der erste, der eine detaillierte technische Zeichnung einer solchen Turmmühle mit drehbarer Kappe ablieferte, war kein geringerer als Leonardo da Vinci, dem fälschlicherweise daraufhin auch oft die Erfindung dieser Mühlen zugeschrieben wird. Aus der gemauerten Windmühle mit drehbarer Kappe entwickelte zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Niederländer eine ähnliche Mühle zum Wasserschöpfen, aufgrund des sumpfigen Untergrundes in den dortigen Niederungen aber nunmehr mit einem hölzernen Turm versehen. Als ideal erwies sich bei diesen Holztürmen bald eine achteckige, sich nach oben verjüngende Bauweise, die man danach auch stets beibehielt. Dem Erfinderland Holland zugrundeliegend nennt man diese Mühlen Holländermühlen. Später verwendete man diese Mühlenart für alle möglichen Zwecke, natürlich in erster Linie auch zur Getreideverarbeitung. In Deutschland hielt die Holländermühle in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts Einzug. In späteren Jahren baute man in bestimmten Regionen diese Holländermühlen auch mit gemauerten Türmen. Im Hannoverschen Umland fanden Holländermühlen erst recht spät Verwendung, in größerer Zahl erst nach 1840. Die Kappe kann entweder per Hand über eine Kurbel von Innen oder ein Hebelgestänge (dem sog. 'Stert') von außen gedreht werden. Bei moderneren Mühlen geschieht dieses Drehen automatisch durch die sog. ' Windrose' ein auf der Rückseite der Kappe montiertes Windrad. Das Innenleben gleicht sich bei allen Holländermühlen zur Getreidevermahlung im Grundprinzip. Die in der Kappe  verlaufende Flügelwelle bringt über ein Winkelgetriebe (Kammrad und Bunkler genannt) eine aufrecht mittig im Mühlenturm befindliche Welle zum Drehen. Die stehende Welle gilt als die Hauptantriebswelle der Mühle und trägt daher den Namen Königswelle. Sie trägt am Fuß ein großes Zahnrad, Stirnrad genannt, welches über weitere Zahnräder und Wellen die Mahlsteine antreibt. In den Windmühlen der Hannoverschen Umgebung bestehen die Zahnräder zumeist schon nicht mehr wie im klassischen Mühlenbau aus Holz, sondern aus Gusseisen.  Die Mahlsteine werden hier von unten angetrieben, dass Stirnrad liegt also unter dem Mahlwerk. Die Übersetzung von den Flügeln bis zu den Steigen liegt in hiesigen Windmühlen in der Regel bei 1:6 bis 1:7. Ein Mahlstein dreht sich ungefähr mit 90 bis 120 Umdrehungen pro Minute, die Flügel sollten 20 Umdrehungen nicht überschreiten. Gemahlen wird von Alters her mit Steinen. Jeder Mahlgang hat 2 Steine, einen festliegenden Unterstein (Lieger oder Bodenstein) und einem sich drehenden Oberstein (Läufer). Zwischen beiden Steinen wird das Getreide gemahlen. Damit das Mehl nicht unkontrolliert in den Raum fällt, sondern durch ein Rohr gezielt in das darunter liegende

Stockwerk, und der Müller vor dem Mahlen entstehende Staub geschützt wird, sind die Steine mit einer hölzernen Bütte verkleidet. Diese trägt auch einen Trichter, der zum Einfüllen des Getreides dient.  Eine Rutsche unter dem Trichter dient zum Transport der Getreides zu den Steinen. Damit die Körner die Rutsche ohne zu stocken entlang laufen können, wird diese stets von der Antriebsachse des Mahlsteines hin- und her geschlagen, weshalb man die Rutsche auch Rüttelschuh nennt. Das dabei entstehende Geräusch ist das berühmte 'Klappern der Mühle'. Über ein Heizrohr läuft das Mehl entweder direkt in einen Sack oder zu weiteren Bearbeitungsstationen, denn Mehl für Backzwecke wird anders behandelt als Schrot für Tierfutter. Da ein Getreidekorn aus mehreren Bestandteilen besteht, ein Mahlgang aber alle lediglich zerkleinert, muss man je nach gewünschter Feinheit und gewünschtem Verwendungszweck gröbere Teile beispielsweise der Kleie aus dem Mehl anschließend heraustrennen. Dieses geschieht durch Sieben auf den sog. 'Sichtmaschinen', von denen in Windmühlen des Hannoverlandes unterschiedliche Bauarten gibt. Zum äußeren Bild der Holländermühlen sei noch folgendes erwähnt: In vielen Fällen, so auch in Bennigsen hat man Holländermühlen so hoch gebaut, dass der Müller zum Warten und Bedienen der Flügel, die nun nicht mehr bis kurz über den Erdboden führen, eine Art Laufsteg, die sog. 'Galerie' benötigte. Da die Bennigser Mühle einen konischen gemauerten Turm besitzt, der von einer  umlaufenden Galerie umgeben wird, bezeichnet man ihren Typ als Galerie-Turmholländer.

 

 

 

Verantwortlich für den Text: Rüdiger Hagen